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Portrait: Michael Feißt

Geschrieben von Badische Zeitung
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Ehrgeiz, Weitblick, etwas Wehmut
Der Tischtennisspieler Michael Feißt (Originalbericht: Badische Zeitung vom 21.September 2018)

TISCHTENNIS. Ein großer, schlanker Mann mit grau-melierten Haaren in einem modisch karierten Anzug steht an der Tür, begrüßt höflich-abwartend und weist den Weg in sein Büro. Dieses, in der Offenburger Innenstadt gelegen, ist professionell zweckmäßig eingerichtet. Hier werden in ruhiger Atmosphäre Geschäftsleute beraten. Nichts deutet daraufhin, dass Michael Feißt (Foto: F. Rohrer) jahrzehntelang in seiner Freizeit unter Hochspannung, mit aggressivem Ehrgeiz und tiefgehender Leidenschaft dem schnellen Tischtennissport nachkam. Fast fünfzig Jahre lang war er aktiver Spieler der Tischtennissportfreunde Hohberg. Nun hört er zwar nicht auf zu spielen, zieht sich aber in die zweite Mannschaft zurück. Mitte April absolvierte die vom Verein so titulierte "Tischtennislegende" das letzte Spiel für die erste Mannschaft. Sein Heimatverein war mit einer kurzen Ausnahme immer in Hohberg. Die Ausnahme beschäftigt ihn aber bis heute, wie man dem Geschäftsführer der Ortenauer Wirtschaftsberatung im Gespräch anmerkt: "Mit Mitte 20 habe ich auch drei Jahre in der zweiten Mannschaft der DJK Offenburg gespielt. Bei der Frage, welcher Spieler in die erste Mannschaft kommt, wurde mir ein anderer Spieler vorgezogen."

"Eine gewisse Rivalität ist da. Aber wir haben keinen Ärger miteinander."

Schon früh waren große Ambitionen da, er spielte Turniere und kam in den Förderkader. In seiner gesamten Karriere gelangen ihm fünf Aufstiege und er führte seine Mannschaft von der Bezirksklasse in die Oberliga. Eine Teamleistung, betont er. Und damit kommt er wieder auf die Rückkehr von Offenburg nach Hohberg zurück. "Ich fand dort eine junge, motivierte Mannschaft vor. Wir wurden gleich im ersten Jahr Meister und konnten so Spieler der DJK abwerben. Mit jedem Aufstieg kam ein neuer Spieler hinzu."

Man meint, die Genugtuung aus seinen Worten herauszuhören. Direkt auf diese hörbare Konkurrenz mit den Offenburger Tischtennisspielern angesprochen, beschwichtigt Feißt aber: "Eine gewisse Rivalität ist da. Aber wir haben keinen Ärger miteinander." Eine große Nähe und Auseinandersetzung mit dem Gegner ist allerdings eine vom Sport gegebene Grundvoraussetzung. Eine nur 2,74 Meter lange Tischplatte trennt die Gegner voneinander. Gestik, Mimik, Worte und damit taktisch-psychische Spielchen des Kontrahenten bekommt der Spieler unmittelbar mit. Die Schwachstelle von Michael Feißt.
 
"Ich lasse mich leider schnell provozieren. Aber wenn ich gereizt bin, spiele ich besser."
 
"Ich lasse mich leider schnell provozieren. Aber wenn ich gereizt bin, spiele ich besser." Emotionen gehören zum Tischtennis dazu, dazu eine mentale Stärke und vor allem eins: Ehrgeiz. Den er durch den Sport entdeckt hat und der ihm auch bei seinem Beruf hilft.
Der zweifache Familienvater zitiert aus einem Vortrag mit dem Thema Karriereplanung: "90 Prozent einer Karriere sind Fleiß und nur 10 Prozent Talent." Nun kommt der gelernte Versicherungs- und Bankkaufmann ins Erzählen, das ist sein Thema. Er habe früher einen Tischtennisspieler gekannt, der sehr unsportlich war, aber in der Zweiten Bundesliga gespielt hat, weil er "wahnsinnig ehrgeizig" war. Er selbst bereue es heute, dass er "nur" Oberliga gespielt hat, er hätte mehr erreichen können "Heute würde ich es anders machen. Statt vier Mal würde ich sechs Mal pro Woche ins Training gehen, würde mehr Konditionsläufe machen und ..." Feißt stockt und wirkt kurz abwesend. Themawechsel.

Warum hört er denn nun in der ersten Mannschaft auf? "In jungen Jahren ist der Sport die Hauptantriebsfeder für alles, aber jetzt bin ich gerne einfach so mit Freunden unterwegs." Das bedeute aber keinen geringeren Ehrgeiz: "Ich will immer noch gewinnen." Anders würde es auch in seinem Beruf in der Finanzbranche seiner Meinung nach nicht gehen. In der Saison 2016/2017 hatte er sich vom aktiven Spielbetrieb zurückgezogen. Zu diesem Zeitpunkt waren die TTSF Hohberg einer der erfolgreichsten Tischtennisvereine in Südbaden und lockten daher viele junge Spieler an. "Das waren alles nette Burschen, aber irgendwie hat das bei mir einfach nicht ganz gepasst. Wenn ich nochmal spiele, dann nur mit alten Säcken, wie ich es bin", erzählt er schmunzelnd.

Apropos junge Spieler: Feißt erinnert sich zurück an den Tag, als ihm mitgeteilt wurde, dass er in Offenburg nicht in der ersten Mannschaft spielen wird: "Da war ich gerade beim Juniorenländerpokal und hatte mein bestes Spiel bisher, bin nach Hause gekommen und hörte, dass ich nicht dabei bin." Er lächelt schief. Zieht aber auch daraus etwas Positives: "Mir ist damals jemand einer im Weg gestanden, ich will nicht selber so agieren." Obwohl er die heutigen jungen Spieler auch kritisch sieht. Ihnen wäre es eher egal, bei welchem Verein sie spielten, Hauptsache in hohen Ligen. Viele Diskussionen mit neuen Spielern gab es schon, Michael Feißt sieht aber auch, dass er als "graue Eminenz" immer noch Einfluss hat. "Der eine oder andere kam dann auch schon mal später zu mir und meinte: "Ihr habt schon recht gehabt." So bleibt ein positives Resümee: "Im Endeffekt hab ich doch alles richtig gemacht."
Hier geht's zum Originalbericht in der Badischen Zeitung...